5. September 2012

Mount Kinabalu - Geburtstag mal anders

7 Uhr morgens: Der Wecker klingelt. Muss das sein? Na gut, wir wollen ja möglichst noch vor dem täglichen Nachmittagsregen im Base-Camp ankommen. Alles überflüssige wird im Backpack gelassen und diese in Jimmy verstaut, der hier unten eine Nacht auf uns warten wird.
9 Uhr:
Reservierung bestätigt: check
Regestrierung: check
Mittagessen abgeholt: check
Guide organisiert: check
Bus zum Startpunkt: check

Wir sind startklar und fit für den Aufstieg, als 2 weitere Backpacker fragen ob wir uns nicht einen Guide teilen sollen. Damit wirds für alle günstiger. Klaro, warum nicht. Marlous aus Holland und Jeff aus Hong Kong verstärken das Team.
Chris, Hanne and me

10 Uhr: Wir starten. Der Weg geht zuerst nach... UNTEN? Wir wollen doch rauf?! Naja, in der Natur gibts wohl keinen direkten Weg zum Ziel.

KM 0,5: Bisher läufts gut und der Aufstieg ist einfach. Überall Treppenstufen und manchmal sogar ein Holzweg. Wir kommen am Wasserfall vorbei, der nach einem kurzen Foto schnell links liegen gelassen wird, wir haben ja noch 5,5 Km vor uns

KM 3: Bisher haben wir unsere Pausen an den Unterständen eher kurz gehalten. Man soll das Eisen ja schmieden wenns heiss ist bzw. den Berg hochlaufen solange die Muskeln warm sind. Der Weg wurde etwas schwieriger, die ebenen Wege kürzer, die Treppenstufen steiler. Insgesamt stehen heute 1200 Höhenmeter auf dem Programm bis zum Base-Camp auf 3000 Meter. Die Hälfte ist geschafft und wir gönnen uns unser Mittagessen, füllen die Wasserflaschen auf und eine Zigarettenpause ist auch drin. Ja, noch bin ich nicht aus der Puste :-D

KM 3,5: Leichter Regen setzt ein und ein Schild ermahnt uns: "Heul nicht rum".... Wie nett ^_^

KM 4,5: Die Pausen an den Unterschlüpfen werden länger. Zumindest für mich. Chris und Hanne legen ein Tempo vor, bei dem ich nicht mithalten kann bzw. will. Kräfte sparen für den folgenden Tag ist meine Strategie und deshalb lasse ich es etwas langsamer angehen. Zwischendurch werden noch Eichhörnchen gefüttert:

KM 5: Die Abstände zwischen den Pausen werden immer kürzer. Die Höhenluft wird dünner und die Muskeln geben mir ein erstes "keine Lust mehr".
Chris ist "not amused"

KM 5.5: Kurz vor dem Ziel, das gibt noch mal Motivation und einen Kräfteschub. Ich muss aber gestehen: Ich bin schon etwas k.o. Ich erinnere mich an den Rat aus dem Reiseführer "... Teilnehmer sollten mit dem Training mindestes 3 Monate vorher beginnen, 3-4 mal die Woche Treppensteigen ist ideal." Mhh, ob Backpacking auch Training ist? Ein paar Kilos hab ich ja schon verloren und ein paar Trekkingtouren absolviert... Durchhalten

KM 6: Da ist es, unser Base-Camp. Das Camp ist allerdings eine Mountain Lodge aus Stein und Beton, relativ komfortabel und mit einem großen Aufenthaltsraum ausgestattet. Ach deshalb zahlen wir 120$ die Nacht... Das Thermometer zeigt 15 Grad und 75% Luftfeuchtigkeit. Kein Wunder das es mir hier arschkalt vorkommt. Hanne und Chris empfangen mich freudig und ich schmeiss meine Sachen aufs Zimmer und mich ins Bett. Es ist 14 Uhr und der Aufstieg hat mich ordentlich geschafft, so dass ich erstmal ne Runde schlafe, bevor ich von Hanne pünktlich zum Abendessen geweckt werde. Ja, mit Essen kriegt man mich halt immer rum ;-)
Zum Nachtisch serviert uns Mutter Natur einen fantastischen Sonnenuntergang, der alle Trekkies mit ihren Pixelkanonen auf den Aussichtsbalkon lockt. Mich natürlich auch, ich brauch das ja für meine Blog :-)

Die Sonne hat sich also für die Nacht verabschiedet und wir stampfen um 20 Uhr auch ins Bett. Schließlich klingelt der Wecker schon um 2 Uhr morgens. Selbst beim schreiben jetzt grausts mir vor solche einer Weckerzeit :-(

2:05 Ich bin der letzte der die Augen aufmacht. Als es jedoch "Töörröööö" tönt und ich mit Luftballons beschmissen werde weiss ich: Aufstehen, es ist mein Geburtstag!!! Mit eine großen Lächeln wird mir ein Partyhut aufgesetzt und so stapfen wir 3 zum Morning-Snack nach unten, komische Blicke und noch mehr Lächeln inklusive. Dann kommt das nächste Geschenk: Ein von Hanne und Chris selbst gestaltetes T-Shirt auf dem gross "Birthday-Boy" steht. Die Ärmel sind von schönen Penen verziert und der Rücken lässt auf homosexuelle Neigungen schließen. Quasi eine Rache also für die verlorene Wette ;-) Ich bin trotzdem stolz drauf und zieh es gleich an. So, kanns jetzt losgehen? Ist ja schon halb 3! Prophylaktisch noch ne Ibuprofen 400 rein und ab geht die Post.

3 Uhr. Es ist stockfinster. Gut das wir Taschenlampen dabei haben. Bei 85% Luftfeuchtigkeit wird hier jeder Stein rutschig und man muss aufpassen wo man hintritt. Man hangelt sich teilweise an Seilen den steilen Berg herauf. Die Vegeation ist hier fast ausradiert und grauer Stein dominiert die Landschaft.

3:30 Uhr: 3300 Meter.. Ich checke kurz meine Körperfunktionen und merke: Balance ist nicht auf 100%, leichte Kopfschmerzen. Die ersten Anzeichen von Höhenkrankheit. Ich lass es etwas langsamer angehen und mache ab und zu eine Trinkpause. Aufgeben ist keine Option!

4:30 Uhr: Wir können den Gipfel erkennen. Allerdings sieht der noch verdammt hoch aus. Für die letzten Höhenmeter wird noch mal nachgetankt: Ein Päcken Extra-Joss (Thai-Red-Bull in Pulverform) gibt neue Energie für die letzte Etappe. Ich renne förmlich los, überhole Hanne und Chris, die auch mit der Höhe zu kämpfen haben.

5:15 Uhr: Zack, Zack von einem Stein zum anderen, Hops, Sping, Lauf. Ich fühl mich unglaublich kraftvoll und fokussiert. Das Extra Joss hat auf dieser Höhe ne Wirkung wie sie andere wohl nur unter Koks erleben. Auf einmal gehts nicht weiter nach oben und Menschen sitzen auf den Steinen. Was ist den hier los? Oh, ich bin ja schon oben! Das war ja easy! "Gib mir noch n Berg" ist mein erster Kommentar, bevor ich mir den besten Platz für Sonnenaufgangsfotos sichere. GoPro auf Zeitraffer, meine Cam mit Stativ im Anschlag.

5:45 Uhr: Auch Hanne und Chris trudeln ein. Die Aussicht von hier oben ist echt fantastisch und wir haben noch ne halbe Stunde bis Sonnenaufgang. Der Wind pfeift wie verrückt und wir schmeissen uns alle Sachen über die wir haben. Scheiss auf Erkältung, ich will gute Fotos! Dann stimmen meine Travel-Buddys "Happy Birthday" an und ca. 40 Leute machen mit! Wahnsinn! Ich hab ein Lächeln ins Gesicht gemeißelt!

6:15 Uhr: Sonnenaufgang. Atemberaubend. Einmahlig. Wunderschön. Was man nicht in Worte fassen kann soll man fotografieren:


Auch die andere Seite kann sich sehen lassen:


7:00 Uhr: Wir haben genug und sind bis auf die Knochen durchgefroren. Der Weg runter geht fix, bis ich beim abseilen in einen Stau komme, verursacht von etwas ängstlichen Japanerinnen. Ist wohl nicht jeder so ein Action Junkie wie ich.
 Der zweite Teil der Wette wurde auch eingelöst :-)
Cliffhanger

8:30 Uhr: Zurück im Basecamp gibt es Frühstück. Dann schnell Sachen packen uns los. Wie schon gestern wollen wir wieder dem Regen entkommen und früh genug am Startpunkt ankommen. Doch der Weg sollte nicht so einfach werden wie gedacht. Insgesamt 8,7 Km runter ist kein Pappenstil hab ich lernen müssen.

Km -5: Puh, die Muskeln sind nun wirklich im Arsch. Runter ist anstrengender als hoch.

KM -4: Meine Knie werden so langsam weich. Schritt für Schritt gehts weiter. Auf dem Weg wird mir alle 5 Minuten zum Geburtstag gratuliert. Ob das wohl am Outfit liegt?
Partyalarm!

KM -3: Meine Beine sind wie Pudding und ich bin ziemlich außer Atem. Der Rest der Gruppe ist weit vor mir und die letzten Trekkies auf dem Weg nach oben sind auch an mir vorbei. Jetzt bin ich wohl auf mich allein gestellt. Zähne zusammenbeissen ist hier wörtlich gemeint.

KM -2: Ich kann nicht mehr, muss aber. Gelegentlich kommt mir noch ein Porter entgegen. Die Jungs schleppen alles auf den Berg rauf was so benötigt wird: Essen, Trinken, Gasflaschen oder auch Zementsäcke. Bis zu 20 Kilo! Bewunderswert!

KM -1: Ich habs fast geschafft. Das letzte Stück begleitet mich ein deutsches Pärchen auf dem Weg nach unten. Bei einem Gespräch läufts sich zwar nicht besser, allerdings bietet es Ablenkung von den Puddingbeinen.

KM 0: Ich habs geschafft! Mit Applaus werde ich von unserem Team begrüßt und gönnen mir eine Cola. Kurz später fängt es dann an zu regnen. Just in Time, typisch Stan :-)

Der Berg war hart. Der Aufstieg relativ einfach, im Gegensatz zum Rinjani vor 2 Jahren, allerdings hat uns die Höhe ordentlich zugesetzt, was ich zuerst gar nicht gedacht hätte. Der Abstieg war sehr hart und geht extrem auf die Knie. Dennoch war es ein absolut außergewöhnlicher, toller Geburtstag und ich bin stolz auf meine Leistung!

Der Tag sollte jedoch nicht so glücklich enden wie er angefangen hat, aber dazu mehr im nächsten Beitrag.

Ciao

Stan

4 Kommentare:

  1. Wenn ich das lese, dann tun mir die Beine vom Rinjani wieder weh und die schönen (aber auch verdaaaaammt anstrengenden) Erinnerungen kommen wieder hoch! :)
    Liebste Grüße, Cinne

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    1. Jap, war gut mit dem Rinjani zu vergleichen, allerdings gings steiler hoch, dafür war das Wetter und die Unterkunft weitaus besser!

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    2. Schlechteres Wetter wäre auch wirklich unmöglich gewesen ;)

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  2. Toller Aufstieg wie die Fotos beweisen! Alles Gute wünscht
    HN

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